top of page

Aufgaben der Gemeinde um 1900

In den Jahren um die Jahrhundertwende meldete sich der technische Fortschritt auf verschiedenen Gebieten in Weinheim zu Wort; aber man antwortete nur zögerlich. 1891 wurde eine Telefonverbindung zur Kreisstadt Alzey abgelehnt:
Die Nützlichkeit wird nicht bestritten. Aber wegen der Ausgaben verzichtet die Gemeinde.

Jetzt, im Dezember 1909, ist der Gemeinderat damit einverstanden, dass das Telephonwerk von Karlsruhe

verwendet werden soll um den Preis von 392,70 Mark.

Gegenüber der Elektrizität scheint man noch skeptischer zu sein.

Am 14. Juli 1909 vermerkt das Protokoll:
Der Gemeinderat wäre eventuell bereit, der Beteiligung an der Versorgung der Gemeinde mit Elektrizität näher zutreten.

Und am 7. November 1909 wird festgehalten:
Der Gemeinderat beschließt, dass er sich über die Anschließung an die Elektrizität nicht einigen konnte.

Man schreibt also nochmals deswegen an das Großherzogliche Kreisamt.

Im März 1910 erklärt dann der Gemeinderat den Beitritt zum Rheinischen Elektrizitätsverband, so dass 1911

das Dorf mit Strom versorgt werden konnte. 1912 wurde die elektrische Beleuchtung

der Ortsstraßen und 1913 der Schulsäle beschlossen.
Nach einer Notiz im Protokollbuch vom Dezember 1911 fühlt sich die Gemeinde im Jahre 1911 besonders

belastet durch den Straßenbau Alzey-Mauchenheim, Verlegung der Elektrizität, Bekämpfung der Rebschädlinge

und durch die Maul- und Klauenseuche. Da das Einkommen der Einwohner von Weinheim damals nicht

nur vom Weinbau sondern auch von Ackerbau und Viehzucht abhing

(im März 1918 werden im Dorf 125 Viehhalter gezählt), hat sich der Rat der Gemeinde neben der

Bestellung und Bezahlung der Obstschützen und der Festsetzung der Zeiten für die Traubenernte auch

mit der Tierhaltung, besonders der gemeindeeigenen Fasel (=Bullen) zu beschäftigen.

Dabei war eine wichtige Frage,

welche Rinderrasse besser sei: die Donnersberger oder die Simmerer.

Schließlich entschied man sich für zwei Fasel, je einen aus den beiden Rassen.
Aus diesem Zusammenhang stammt auch das leicht falsch ausdeutbaren Protokoll vom 25. März 1902:
Der Gemeinderat, in gesetzlicher Anzahl versammelt, beschließt unter Bezugnahme auf die kreisamtliche

Verfügung vom 12. März 1902 Gr. Kreisamt zu ersuchen, eine Kommission zur Feststellung

der Rassezugehörigkeit des hiesigen Rindviehes zu ernennen.

Auch die Wasserversorgung wird in diesen Jahren zum Problem. Am 7. November 1896 vermerkt das Protokoll:
In Anbetracht des vorhandenen Wassermangels in hiesiger Gemeinde beschließt der Gemeinderat, dem Kreistechniker

Adam zu Alzey Konsens zu erteilen, zur Herstellung und Unterhaltung einer Wasserleitung.
Und am 5. Dezember 1899 wird geklagt:


Der Wassermangel nimmt von Tag zu Tag zu, daher soll so schnell wie möglich das im Windbergtal gefundene Wasser ins Dorf

geleitet werden. Daher soll die Großherzogliche Kulturinspektion in Mainz so schnell wie möglich ein Projekt zur

Herstellung der Wasserleitung ausarbeiten.

Die Kulturinspektion Mainz stellt das Projekt für die nächste Zeit nicht in Aussicht.

Daher bittet der Gemeinderat das Kreisamt dringend, den Kreistechniker Adam mit der Ausarbeitung der

Wasserleitung zu beauftragen. Am 1. März 1900 wird der Beschluß gefaßt, den Acker mit der Quelle im Windbergtal zu kaufen.
Als am 19. Oktober 1907 der Beschluss zum Bau der Wasserleitung gefasst wurde, gab es Ärger:
Der Beigeordnete Meyer hat vor der Vollziehung der Unterschriften den Sitzungssaal mit dem

Bemerken verlassen, dass er die Unterschrift dieses Protokolls verweigere, weil er glaube,

dass er durch die Verwendung des Wassers aus der Trautwein´schen Quelle zur Wasserleitung

in seinem Geschäft als Müller und im Winter auch beim Eismachen geschädigt werde.

Gott sei Dank, daß es den "Hambojer Unkel" gab: Am 16. November 1907 konnte der Gemeinderat beschließen,

die Schenkung des Herrn Neidlinger, Hamburg, durch welche er die Kosten für die Herstellung einer

Wasserleitung für die hiesige Gemeinde bis zum Betrage von 36000 M. bezahlen will, dankend anzunehmen.
Es dauert jedoch noch bis zum Juli 1909, bis der Beschluss zum sofortigen Beginn der Wasserleitung gefasst wurde.

bottom of page